Die schweren Geschütze der Vereinigten Museen im Wasserschloss Heerse, Bad Driburg-Neuenheerse

von Wolfgang Krüper

2007 - Jahrbuch Kreis Höxter (Seite 153 – 157)

Der Besucher des Wasserschlosses Heerse, der den Außenbereich des Schlosses besichtigt, sieht sich plötzlich einer Kanone gegenüber. Es gibt davon vier Stück auf dem Gelände. Diese Wächter des Schlosses sind heute friedlich. Es ist sicherlich lange her, dass sie ihren letzten Schuss getan haben. Und dass diese Geschütze heute friedlich sind, erkannt man daran, dass das Zündloch dauerhaft verschlossen ist, so dass diese einstmals gefürchtete Waffen heute nur noch Demonstrationszwecken dienen. Ein Schusswaffenfachmann, der zwanzig Jahre lang in der DEFA mit Schusswaffen jeder Art und jeden Kalibers zu tun hatte, musste eingestehen, Schusswaffen von diesem Kaliber bisher nicht untersucht zu haben.

Generalhonorarkonsul Manfred. O. Schröder hatte diese gut erhaltenen Stücke in England für die Ausstellung im Wasserschloss Neuenheerse erworben. Exponate dieser Qualität sind heutzutage nicht leicht zu finden. In der Tat muss man bei vielen Museen vorsprechen, um gleichwertige Stücke anzutreffen. Auf Wunsch von Generalhonorarkonsul Schröder beschäftigte sich der Waffenfachmann mit diesen gewichtigen Stücken und fand dabei einige Dinge, die verblüffen und die Kanonen von Heerse in einem besonderen Licht erscheinen lassen.

Irgendwann im 15. oder 16. Jahrhundert, eine präzise Angabe des Datums ist heute nicht mehr möglich, machte ein Stoff sein Erscheinen im europäischen Raum, der das gesamte Schießwesen, und damit auch die Kriegsführung verändern sollte: das Schwarzpulver.Neben zahlreichen Versuchen mit primitiven handgehaltenen Feuerrohren lag es nahe, dass Kanonen konstruiert wurden, die auf dem Schlachtfeld zur Unterstützung des Fußvolks dienen sollten. Diese Kanonen waren einachsig, hatten große Räder und wurden von zwei oder mehr Pferden gezogen. Das bedeutete, dass sie im Gelände recht beweglich waren. Der Feldherr, der hoch oben auf dem nach ihm benannten Hügel stand, um das Schlachtgeschehen zu verfolgen, hatte jederzeit die Möglichkeit, einen Stellungswechsel der Artillerie anzuordnen. Eigene Erfahrung und eine gut gedrillte Artillerie garantierten unter Umständen eine gewonnene Schlacht oder sogar den gewonnen Krieg.Von größter Wichtigkeit war dabei die Beweglichkeit im Gelände. Eine englische Aufstellung gibt für die Feldartillerie für jedes Kaliber einen Namen an, die Abmessungen des Rohres und die gebräuchliche Ladung. Danach sieht ein Auszug aus der Kaliberpalette so aus:

NameRohrkaliberEigengewichtGeschossgewichtLadungsgewicht
Rabinet1,0 inch300 lbs½ lbs¾ lbs
Falcon2 ½ inch660 lbs2 lbs3 ½ lbs

Die Angabe, die ein höheres Ladungsgewicht als das Geschossgewicht angibt, muss auffallen, ist aber korrekt.Jedoch so wirkungsvoll diese Feldgeschütze gegen Fußsoldaten und Reiterei auch waren, gegen die Mauern einer Burg oder die befestigten Wälle einer Stadt waren sie wenig mehr als nutzlos. Für diese Zwecke mussten stärkere Geschütze eingesetzt werden. Das Kaliber und die Ladung beliebig zu erhöhen, war keine praktikable Lösung des Problems. Das zeigte sich an den Superkanonen, die an verschiedensten Orten konstruiert und gebaut wurden. Bei den kleinen Rollen, die den Transport der Kanone mit einem Gewicht von beispielsweise 3.000 lbs und einer Zugkraft von mehr als zwanzig Pferden bewerkstelligen sollten, kann man sich vorstellen, wie es um die Vorwärtsbewegung im Gelände bestellt war. Dazu kam noch die stets vorhandene Gefahr, dass die hier allzu blauäugig verwendeten Gewaltladungen und die Sprengsicherheit des Rohres nicht recht zueinander passen wollten. Manche Geschützbedienung wurde ausgelöscht, wenn ihre Wunderwaffe den Geist aufgab. Der für diese großen Kaliber schwärmende schottische König James II. starb, weil er einen Abschuss aus der Nähe beobachten wollte und dabei unter die Sprengstücke der sich zerlegenden Kanone geriet.
Mündungsgeschwindigkeit, Geschossenergie, geringer Gasdruck – das alles schien nicht zusammen zu passen. Eine hohe Mündungsgeschwindigkeit und damit auch Geschossenergie bei einer flachen Geschossflugbahn lässt sich bei geringem Gasdruck nicht erreichen. Das führte dazu, dass eines Tages das Prinzip des Mörsers entwickelt wurde. Dies bedeutet, dass die Artillerie ergänzt wurde durch Geschütze mit kurzem großkalibrigem Rohr, die auf das Schießen im Steilfeuer eingerichtet waren. Eine verringerte Schussweite wird dabei bewusst in Kauf genommen. Man gewinnt dafür beträchtlich an Durchschlagskraft und auch an Präzision durch das vom oberen Totpunkt zurückfallende Geschoss. Ein ganz wesentlicher Gewinn ist dabei eine höhere Gleichmäßigkeit von Schuss zu Schuss bei kontrollierbarem Gasdruck. Dieses Prinzip lässt sich auch vorteilhaft für die Artillerie der Marine einsetzen, die bisher nur mit mehr oder weniger waagerecht ausgerichteter Artillerie schießen konnte. Die Platzverhältnisse in den Batteriedecks ließen nur ein in etwa waagerecht ausgerichtetes Schießen zu. Die Treffer auf dem gegnerischen Schiff trafen also waagerecht auf den verstärkten Schiffskörper.

Steilfeuer war nur möglich, wenn auf dem Oberdeck besondere Geschützstände eingerichtet wurden, um Mörser aufzustellen. Die Mörsergranaten, die das ungepanzerte Oberdeck des Feindes trafen, durchschlugen alle Batteriedecks, trafen auf dem Wege mit großer Wahrscheinlichkeit die Munitionsvorräte und zerstörten damit das Schiff. Das Geschütz auf der Terrasse des Wasserschlosses Heerse repräsentiert den Typus der beweglichen Feldartillerie, allerdings besitzt es eine nachträglich für stationären Einbau gefertigte Lafette. Die drei anderen Geschütze, die in den Außenanlagen des Schlosses aufgestellt sind, haben Mörserrohre, deren Lafetten in diesem Falle nicht für Steilfeuer eingerichtet sind und so prädestiniert sind für den Gebrauch bei eingeschränkten Platzverhältnissen, etwa als Schiffsgeschütze oder Festungsartillerie. Sollte die Geschichte zutreffen, dass der Baron von Münchhausen sich durch eine Kanonenkugel in das Türkenlager befördern ließ, so muss es sich um eine Mörsergranate dieser Art gehandelt haben. Diese Reise mit einem im höchsten Grade ungewöhnlichen Verkehrsmittel wurde oft in Worten und Bildern dargestellt. Das macht sie nicht glaubwürdiger und kaum einer wird sie erst nehmen. Aber wir lachen gern darüber, denn die Geschichte ist zu komisch.

Eine ganz anders geartete Geschichte rankt sich um die Kanonen, die durch das Eingreifen von Generalhonorarkonsul Schröder einen neuen Standort in Heerse gefunden haben. Der Museumsgründer fand diese Stücke in einem kleinen Städtchen namens Stratfort-upon-Avon in Mittelengland. Dieses ist der Ort an dem William Shakespeare geboren wurde und den größeren Teil seines Lebens verbrachte. Hier hat er vielleicht erfahren, dass besondere Ereignisse durch Geschützdonner angekündigt werden und im „Hamlet“ macht er Gebrauch davon. Er lässt Hamlets alten Widersacher Fortinbras alle Animositäten verdrängen und für Hamlet eine Beisetzung mit militärischen Ehren anordnen, wozu unbedingt das Salutschießen der Artillerie gehört. Das Drama schließt mit den Worten „Und bei dem Zug lasst Feldmusik und alte Kriegsgebräuche laut für ihn sprechen. Geht, lasst die Truppen feuern!“ Jetzt fragt man sich, was Shakespeare angeregt hat, die Kanonen explizit zu erwähnen. Welche Kanonen? Es könnte sein, dass um das Jahr 1600 Shakespeare Erfahrungen mit Kanonen gemacht hat. Mit welchen Kanonen? Man beginnt sich im Kreis zu drehen. Sollte man hier in Heerse die Kanonen besitzen, die Shakespeare bewogen haben, dies im „Hamlet“ zu erwähnen? Man könnte zu diesen alten Kanonen noch eine Bemerkung machen. Ihr Rohrinnendurchmesser beträgt einheitlich 20 cm. Offenbar handelt es sich hierbei um ein in jener Zeit gebräuchliches Kaliber. Bei der Vermessung der Bohrung dieser Kanonen zeigt sich, dass dieses Kaliber nur zu zwei Drittel der Rohrlänge gemessen wird. Am Rohrende finden wir ein reduziertes Rohrkaliber, offenbar für die Aufnahme der Ladung gedacht. Beim Schuss verbrennt die Ladung in dieser für sie vorgesehenen Kammer, was den Vorteil hat, eine gleichmäßige Verbrennung zu erzeugen. Die vorderen zwei Drittel des Rohres bewegen auf diese Art das Geschoss mit recht niedrigem Druck.Dass diese Anordnung der zwei Rohrinnendurchmesser auch heute noch in großem Umfang bei Granatwerfern eingesetzt wird, beweist die ballistischen Vorteile dieses Systems, das im englischen Sprachgebrauch als „mortar“ (= Mörser) bezeichnet wird. Ob unsere Vorderladerkanonen vielleicht als Vorläufer dieses Systems angesehen werden können?

Von Nepomuk bewacht – Bischof weiht Büste im Wasserschloss Neuenheerse ein

Westfalen-Blatt Nr. 131 - Bad Driburg Brakel

Tiefen Dank, dass Sie ihr Haus mit diesem Glaubenszeichen versehen

wandte sich der Weihbischof an Honorargeneralkonsul Manfred O. Schröder und seine Ehefrau Helga, nachdem er die barocke Nepomuk-Büste gesegnet und geweiht hatte. Das Ehepaar Schröder hatte das 250 Jahre alte Kunstwerk vor kurzem gestiftet.

Gesegnet wurde es auch von dem syrisch-orthodoxen Patriarchen Dr. Johannes Aydin. Das Brückenheilige ist in einem kleinen Häuschen neben der vollkommen renovierten Gräfte zum Schloss angebracht und begrüßt gewissermaßen die Besucher der dort untergebrachten Museen für Naturwissenschaften, Naturkunde, Völker- und Heimatkunde.

Nepomuk ist der Märtyrer des Beichtgeheimnisses, wie Weihbischof König erläuterte. Denn der Prager Geistliche wurde 1393 auf König Wenzels Befehl gefoltert und in der Moldau ertränkt, weil er das Beichtgeheimnis zu brechen nicht bereit war. 1729 wurde er dann von Papst Benedikt XIII. heilig gesprochen und wird als einer der wichtigsten Brückenheiligen verehrt.

Der Segnungs- und Weihezeremonie ging eine Messe in der angrenzenden Stiftskirche voraus. Der feierlichen Einweihung wohnten auch Mitglieder des Ordens des Heiligen Hubertus aus den USA, aus Österreich und aus Deutschland bei, dem auch Honorargeneralkonsul Schröder angehört. Unter den Gästen war auch Brigadegeneral J.W. Nicholson, Arlington, dem die Verwaltung der Soldatenfriedhöfe in den USA untersteht.
Welch hohes Ansehen der 83-jährige Konsul weiterhin genießt, darauf wirft das Schreiben eines Hubertus-Ordensbruders ein sehr bezeichnendes Schlaglicht:

Was Du trotz des fortgeschrittenen Alters noch immer tätigst und zuwege bringst, erweckt meine ehrliche Bewunderung. Dein Wirken auf Deinem Herrensitz, Dein Einsatz für Kultur, Kunst und Jagd lässt mich an das Wort aus Vergils „Aeneis“ denken:
„ Mens agitat molem – Der Geist bewegt die Materie“

schreibt Pater Leonardus OSB vom Kloster Kremsmünster.

Schröder schaffe Werke, die vielen Generationen frische Kraft und Hoffnung gäbe.

Auf Dauer gestellt – Das Weserrenaissance-Wasserschloss in Neuenheerse

Westfalen-Blatt Nr. 126 - Bad Driburg Brakel

Das Weserrenaissance – Wasserschloss in Neuenheerse ist nicht nur baulich ein Juwel. Konsul Manfred O. Schröder – der dienstälteste Honorargeneralkonsul Deutschlands – und seine Ehefrau Helga haben hier eine unglaublich umfangreiche Sammlung unter anderem von völkerkundlichen und jagdlichen Exponaten und Bronzefiguren ausgestellt.

Der frühere Regierungspräsident Walter Stich – bei vielen noch unvergessen – war es, der den in Dortmund lebenden Honorargeneralkonsul in den 80-er Jahren dazu überredete nicht nach Bayern, sondern sich im „kulturarmen Ostwestfalen“ ein repräsentatives Anwesen zu suchen. Dem mittlerweile 83-jähreigen Konsul ist es gelungen, das Wasserschloss Neuenheerse zu einem kulturellen Mittelpunkt auszubauen und Neuenheerse mit seinem Eggedom und anderen Sehenswürdigkeiten als touristisches Ziel noch attraktiver werden zu lassen.

Mit der jetzt ins Leben gerufenen Kulturstiftung Generalkonsul Manfred O. Schröder und Helga Schröder ist die Grundlage dafür geschaffen worden, die enormen Bemühungen des Ehepaars auf Dauer zu stellen. Denn als Schröder das Schloss von den Missionaren vom Kostbaren Blut kaufte, war es recht heruntergekommen: Teile des Gemäuers lagen im Schlossgraben, in der Westfront saß der Schwamm, durch das Dach tropfte das Wasser. Welche große Resonanz das Wasserschloss Neuenheerse genießt, wird am heutigen Samstag wieder deutlich. Dann werden der Konsul und seine Ehefrau mit der Weihung der 250 Jahre alten Nepomuk-Büste eine weitere wertvolle Skulptur der Öffentlichkeit zugänglich machen. Weihbischof Matthias König nimmt die Zeremonie vor, unter den hochrangigen Gästen ist auch US-General J.W. Nicholson.

Die Kulturstiftung steht in jeder Hinsicht auf einem soliden Fundament. So gewährleisten die Einnahmen aus dem Grundbesitz von Manfred und Helga Schröder aus der Sicht des Stiftungsvorstandes die Langlebigkeit des Unternehmens. „Viele ehemals große Stiftungen im Kreis Höxter stehen nach Inflation und Währungsreform
heute nur noch mit einem Euro zu Buche“, meinte Stiftungssprecher Karl-Heinz Menne, der ehemalige Bürgermeister von Bad Driburg. Ihre Gemeinnützigkeit wurde von den Finanzbehörden Anfang des Jahres anerkannt.

Auch personell ruht sie auf soliden Pfeilern: Im neunköpfigen Stiftungsvorstand, dem auch die beiden Stifter zu Lebzeiten angehören ist unter anderem Landrat Hubertus Backhaus vertreten, Vorsitzender des Kuratoriums ist Karl-Heinz Schwarze, ein engagierter Verfechter Neuenheerser Belange – nur um einige Beispiele zu nennen.
Man darf gespannt sein, wann und in welcher Weise die „Museumslandschaft“ im Wasserschloss sich verändert und Schritt für Schritt noch interessanter wird.

Wasserschloss Neuenheerse soll einmal Weltkulturerbe werden

OWZ zum Sonntag

Wo Wasser aus dem Boden kommt, da ist der Grund geheiligt

so eröffnete und begründete Generalkonsul Manfred O. Schröder, der mit seiner Ehefrau Helga das Wasserschloss in Neuenheerse vor einigen Jahren übernommen hat, die Gründung und offizielle Vorstellung der Stiftung Schröder.

Die Kulturstiftung im Wasserschloss, die honorige, gekrönte und ungekrönte Häupter als Gäste empfängt, beherbergt nun die Kulturstiftung Schröder, die ab Januar 2007 als gemeinnützig anerkannt ist. Die Einnahmen aus dem umfangreichen Grundbesitz der Eheleute Schröder stellen die Garantie dafür dar, dass die Stiftung langlebig existieren wird. Zweck der Stiftung, so erläuterte der neunköpfige Vorstand angehörende Sprecher, Karl-Heinz Menne, ist der Erhalt des Wasserschlosses mit seinen Einrichtungen und Sammlungen und der Betrieb der Museen für Naturkunde, Völkerkunde und des Europäischen Kulturgutes. Die Museen sind öffentlich zugänglich und tragen jeweils im Nachnamen die Bezeichnung „Stiftung Honorargeneralkonsul Manfred O. Schröder und Helga Schröder“.

Für wissenschaftliche Veranstaltungen und Fortbildungsmaßnahmen halten die Stifter die Türen des Schlosses in den Seminarräumen für die VHS, Universitäten und Institute für Fort- und Weiterbildung weit geöffnet. Letztendlich, so der Wunsch des Honorargeneralkonsuls und seiner Gemahlin soll alle zwei Jahre ein Stiftungspreis in den Bereichen Kunst, Malerei und dem internationalen Natur-, Umwelt und Landschaftsschutz, ausgelobt werden. Die Preisträger für Arbeiten mit dem Prädikat „Summa cum Laude“ werden durch ein Gremium der Universität Paderborn, Museumsfachleuten und Kunstwissenschaftlern bekannt.

Hohe Ziele, die in der Satzung der Stiftung Schröder festgeschrieben sind. Neben dem Erhalt des Schlosses mit den drei Museen stellt die Stiftung Schröder schon jetzt eine kulturelle Bereicherung für Neuenheerse, die Stadt Bad Driburg und den Kreis Höxter dar.

Angepeilt ist, diese Stätte zu einem Teil des Weltkulturerbes für zukünftige Generationen zu erheben, dies wäre das Tüpfelchen auf dem „I“, das der Stifter und seine Ehefrau verfolgen.